Wie kam ich zum Schreiben für Superfühlkrafthelden?

Dem Online Magazin Elternheute.de durfte ich erzählen, wie es dazu kam, dass ich Bücher für hochsensible Kinder schreibe:

Und dann gibt es Dinge, die einen packen… und dann verändert es dein Leben

Wie kam ich dazu ein Buch für hochsensible Kinder zu schreiben?

Es gibt Themen, die hört man sich höflichkeitshalber mit einem Ohr an. Andere wiederum erscheinen spannend. Und dann gibt es solche, die einen packen und nicht mehr loslassen. So erging es mir mit dem Phänomen „Hochsensibilität“. Ich hatte nicht aktiv danach gesucht. Es begegnete mir von ganz alleine: An einem ganz normalen Arbeitstag, kurz vor Feierabend. Es veränderte mein Leben und brachte mich dazu, Kinderbuchautorin zu werden. Doch vielleicht hole ich ein wenig mehr aus:

Schon seit meiner Kindheit habe ich das Schreiben als befreiend empfunden. Meine Schulaufsätze waren sicher nicht die allerbesten, doch ich hatte immer Spaß dabei. Später schrieb ich Tagebuch, erst noch klassisch handschriftlich, dann irgendwann (dank 10-Finger-System) rasselnd am Computer. Ich verschlang Bücher seit ich denken kann. Sobald ich eines aufschlug begann ich zu versinken – in einer anderen Welt. Ich lebte die Romane, ich las sie nicht nur. Ich nahm die Rollen darin an, identifizierte mich mit ihnen – war mal eine Medizinstudentin in England, , mal eine Apothekerin in Heidelberg, eine verliebte Pilotin in Frankreich oder eine toughe CSI Ermittlerin in New York. Bücher prägten mich, begleiteten mich und stärkten mich.

Doch selbst eines zu schreiben? Ja, das war ein schöner Gedanke, doch ich konnte mir dies nur schwer zutrauen. Dann kam jedoch der Tag, an dem ich mich an den Computer setzte und drauf los tippte. Denn nun MUSSTE ich ein Buch schreiben. Aus dem einfachen Grund: Weil es ein solches noch nicht gab. Nämlich eine Lektüre für hochsensible Kinder, wie meine es sind.

Sicher ist es unabdingbar und von unschätzbarem Wert, wenn Kinder von ihren Eltern gesagt bekommen, dass sie wundervoll sind, einmalig, wertvoll und geliebt. Doch, rückblickend auf meine eigene Kindheit, sind es Personen, Rollen und Vorbilder außerhalb des geschützten Familienrahmens, die einem Heranwachsenden Bestärkung geben – die Möglichkeit der Identifikation und Orientierung.

Zurück zu dem ganz normalen Freitag, kurz vor Feierabend. Ich saß an meinem Schreibtisch im Büro eines Fortbildungsinstitutes. Das Telefon klingelte. So, wie es das immer tut, wenn man doch eigentlich nur noch hofft, unbehelligt die letzten Minuten vor dem Wochenende auf Arbeit zu bestreiten. Die Dame, die anrief war eine Dozentin. Sie erzählte mir, dass sie gerne einen Vortrag bei uns halten würde über das Thema Hochsensibilität. Ich bat sie, mir die benötigten Daten zuzusenden und legte auf. Hochsensibilität? Diesen Begriff hatte ich noch nie gehört. Meine Neugierde war geweckt. Ich begann zu lesen.

Was nun kam, lässt sich in wenigen Worte zusammenfassen: Kiloschwere Geröllmengen purzelten mir vom Herzen, ich staunte, nickte, seufzte und war hin und weg.

Mit dem Phänomen „Hochsensibilität“ erklärten sich so viele Eigenschaften, Denk- und Sichtweisen meiner Familie, dass es kaum zu glauben war. Ich erkannte uns alle in den sachlich kühlen Beschreibungen und fühlte eine Rückenstärkung, die bis heute (Jahre später) anhält.

Ich begann Informationen zusammenzutragen, eine Webseite zu erstellen (www.high-sensitivity.de), Fortbildungen zu besuchen, mich zu belesen und den Menschen davon zu erzählen.

Doch wie ich an die wichtigsten Menschen herantragen könnte, was es heißt, hochsensibel zu sein, und dass dies keine Schwäche, sondern eine Stärke ist, das wollte mir zu Beginn nicht einfallen. Denn, wie gesagt: Egal wie oft ich als Mutter meinem Kind zu verstehen gebe, dass alles in bester Ordnung mit ihm ist, auch wenn er oder sie sich so „anders“ fühlt, als die Altersgenossen, so bleibt es dennoch stets verunsichert, wenn es sich mit eben jenen Gleichaltrigen oder den Idolen aus Büchern, Funk und Fernsehen misst.

Wo sollte ich „Heldenfiguren“ finden, die meinen Kindern zeigten, dass es eben eine Stärke ist, empfindsam zu sein. Weder Batman noch Popeye, weder Superman noch die Turtles waren hier hilfreich.

Also setzte ich mich hin und schrieb selbst; über Henry mit den Superkräften. Dieser ist ein ruhigerer, empfindsamer Junge, der lernt, seine vermeintliche Schwäche als SuperFÜHLkraft wahrzunehmen und auszuleben. In dem Buch geht es weder ums Laut-sein, noch um Schnelligkeit, körperliche Kraft oder Popularität. Es wurde in Rezensionen auch schon als „leises Buch“ bezeichnet, was es wirklich gut trifft.

Zum Füllen des Büchleins orientierte ich mich an Erlebnissen aus meiner eigenen Kindheit als Superfühlkraftmädchen sowie an Ereignissen im Alltag meiner und anderer Kinder und fügte Phantasie, sowie denkbare Beispielsituationen hinzu.

Was als Privatprojekt begann, begann dann Aufmerksamkeit zu erregen und immer größere Kreise zu ziehen. Nachdem „Henry mit den Superkräften“ im Januar 2015 dann tatsächlich veröffentlicht wurde, erhielt ich viele bestärkende Feedbacks und Nachrichten. Aus einem Herzensprojekt wurde eine Herzensmission. Nicht ohne Folgen: Im April 2016 war dann die Geburtsstunde des „Handbuch für SuperFÜHLkrafthelden – Henry und Johanna öffnen ihre Trickkiste“.

Das Schreiben ermöglichte mir das Verbalisieren von Erlebtem, Gefühltem und das „Dolmetschen“ für oft übersehene Kinder, die leider all zu oft als „schüchtern“ oder „ängstlich“ am Rande stehen gelassen werden.

Während meine Bücher ganz direkt an Kinder gerichtet sind, arbeite ich mit meinen Artikeln daran, möglichst viele Erwachsenen zu erreichen. Denn hochsensible Kinder gibt es nicht erst seit „Henry“. Und je mehr Superfühlkraft-Senioren erkennen, dass es einen Begriff für ihr Wesen gibt und ganz viele (nämlich ca. 20 Prozent der Menschen) „Artgenossen“, desto mehr können Frieden mit sich schließen und eben jenen auch an ihre Kinder vermitteln. Auch wenn der Superkraft-Begriff es vielleicht vermuten lassen könnte, möchte ich dennoch keinesfalls Hochsensensibilität als Mehrwert darstellen. Doch gerade in einer Welt, in der Empathie, Zurückhaltung, Nachdenklichkeit, Tiefgründigkeit und Zartheit (noch) nicht als Tugenden betrachtet werden, kann es meiner Meinung nach nicht schaden, eine Superkraft als solche auch zu benennen.

So kam ich also zum Schreiben. Und jede Familie, jedes Kind, das sich durch Henry und Johanna in irgendeiner Art und Weise verstanden und bestärkt fühlt, ist der Beweis dafür, dass es richtig war, mich nach einem ganz normalen Freitag-Feierabend, an den Computer zu setzen und los zu tippen.

Ursprünglich erschienen auf elternheute.de – Entwurf der Fragen durch Derya Bonifer.


Zu den Büchern: Henry mit den Superkräften I Das Handbuch für SuperFÜHLkrafhelden